Auszug: Die Hospizbewegung im Idsteiner Land e.V. aus Sicht eines ökumenischen Partners
Die Idsteiner Hospizbewegung feiert im Jahr 2021 ihr zwanzigjähriges
Jubiläum.
Drei Frauen, drei Perspektiven kamen zu einer zusammen.
Elisabeth Geisler, katholische Gemeindereferentin, Heinke
Geiter, evangelische Dekanin, und Ute Samson, die Vorsitzende
des damaligen Krankenhausfördervereins, waren die
Gründungsmütter der Hospizbewegung Idsteiner Land e.V.
Aus kleinen Anfängen ist ein breit aufgestellter Verein geworden,
der neben der Sterbe- und Trauerbegleitung und
der palliativen Versorgung Letzte-Hilfe-Kurse, Gesprächsbegleitungen
bei der Patientenvorsorge, öffentliche Vorträge,
Seminare für Pflegekräfte und vieles mehr anbietet und
regelmäßig eine Zeitschrift herausgibt.
Mit einer ehrenamtlichen Koordinatorin fing es an, mittlerweile
haben sechs hauptamtliche Koordinatorinnen und
zwei Verwaltungsmitarbeiterinnen gut zu tun, daneben
arbeiten sieben Personen im Vorstand und über 40 Ehrenamtliche
als Hospizbegleitende sowie sieben als Trauerbegleiterinnen.
Zur finanziellen Absicherung und um zukünftig
ein stationäres Hospiz errichten zu können, hat die Hospizbewegung
außerdem eine Stiftung gegründet.
Seit 2011 arbeitet der Verein in der spezialisierten ambulanten
Palliativversorgung (SAPV) mit dem Zentrum für
ambulante Palliativversorgung ZAPV GmbH in Wiesbaden
zusammen. Die Koordinatorinnen des Vereins sind zugleich
die Pflege-Fachkräfte für Palliative Care.
Das evangelische Dekanat Rheingau-Taunus und die katholische
Pfarrgemeinde Idsteiner Land entsenden gemäß
unserer Satzung einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin
in den Vorstand. Eine dieser Personen muss den Vorsitz
oder die Stellvertretung übernehmen. Außerdem ist es laut
Satzung gewünscht, aber nicht Bedingung, dass die Vorstandsmitglieder
einer Religionsgemeinschaft der Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen (ACK) angehören.
Als ich zum zehnten Jubiläum dazustieß, habe ich gleich
die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der ehrenamtlichen Hospizbegleiter*
innen sowie des Vorstandes genossen; »Bewegung
« eben. Ich erlebe die Hospizbewegung im Idsteiner
Land als getragen von einem Geist der Offenheit, einer
Haltung der Wertschätzung allen Menschen gegenüber
und mit Toleranz und Respekt für spirituelle Dimensionen,
geprägt durch unseren christlichen Auftrag zur Nächsten-,
Gottes- und Selbstliebe.
Bei uns gibt es Ehrenamtliche, die in ihrer Kirche verwurzelt
sind. Andere haben teilweise ungute Erfahrung mit ihrer Kirche
gemacht und sind eher distanziert oder kommen aus
ganz anderen Traditionen und haben ihre eigene Spiritualität.
In der Satzung hat der Verein sich dem christlichen
Menschenbild verpflichtet, von dem aus die hospizliche Arbeit
allen Menschen ohne Ansehen von Glauben, Herkunft
und Nationalität oder Stellung zugutekommen soll. Wir begegnen
jedem Menschen mit Respekt vor seinen Wurzeln
und seiner Spiritualität, ohne unsere eigenen zu leugnen.
Für uns ist Hospizarbeit Teil unseres christlichen Auftrags,
denn Sterbende zu begleiten und Trauernde zu trösten
gehörte schon immer zu den genuinen kirchlichen Aufgaben.
Wir wollten und wollen die Hospizarbeit so gestalten,
dass durch uns etwas sichtbar wird von der Grundhaltung
Jesu, der die Menschen bedingungslos annahm, sie nicht
verurteilte, sondern ihnen neue Horizonte öffnete und vom
anderen her dachte, indem er die Menschen konkret fragte:
»Was willst DU, dass ich für dich tun soll?«
Uns ist es wichtig, den Hospizbegleiterinnen und -begleitern
in den von uns, Heinke Geiter und mir, gemeinsam geleiteten
Qualifizierungskursen diese Haltung nahezubringen und einander
mit Respekt und Toleranz zu begegnen. Unterschiedliche
Traditionen, weltanschauliche, spirituelle und religiöse
Einstellungen sowie verschiedene Lebensstile und Kulturen
erleben wir als bereichernd. Lehrunterschiede und -streitigkeiten
spielen eine absolut untergeordnete Rolle, weil unser
Handeln und Reden ganz an den Menschen ausgerichtet
ist, die unsere Fürsorge und Begleitung benötigen, damit sie
ihren eigenen Weg finden und bis zu ihrem Tod so selbstbestimmt
wie möglich und in Würde gehen können. In der
Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen stellen wir uns
ihren Fragen nach Sinn und Ziel ihres Lebens und geben auf
ihre Fragen hin Auskunft über das, was uns selbst trägt und
Hoffnung gibt, ohne ihnen jedoch unseren Glauben überzustülpen.
Dabei werden konfessionelle Unterschiede lediglich
manchmal in der Wahl der Rituale oder bestimmter traditioneller
Gebete wichtig. Regelmäßig feiern wir ökumenische
Wortgottesdienste zum Gedenken an die Verstorbenen sowie
zur Beauftragung neu ausgebildeter Hospizbegleiter und
-begleiterinnen. Gern würden wir miteinander zur Aussendung
der neuen Ehrenamtlichen auch eine Eucharistiefeier
halten. Da das kirchenrechtlich nicht möglich ist, suchen wir
in unseren ökumenischen Gottesdiensten nach Formen, die
verschiedene liturgische Elemente aus beiden Konfessionen
aufnehmen und auch die Menschen einbeziehen, die aus
anderen Traditionen kommen.
Nicht nur in der Gründungsphase waren die Unterstützungen
aus dem evangelischen Dekanat und der katholischen
Gemeinde Idstein sehr hilfreich und förderlich. Heute ist
der Verein Mieter im Haus der Kirche und Diakonie. Wir
sind Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Hospiz und der
Arbeitsgemeinschaft Trauerseelsorge der EKHN, Mitglied
im Hospiz-Arbeitskreis des Bistums Limburg und im Hospiz-
und PalliativVerband Hessen. Wir haben eine enge
Kooperation mit den Pflegeeinrichtungen unserer Region.
Wie wohl die meisten der zahlreichen ökumenischen Hospizdienste
sehen wir eher das Gemeinsame und erleben,
dass konfessionelle Unterschiede bei der Begleitung Sterbender
und ihrer Zugehörigen immer weniger eine Rolle
spielen und die Hospizarbeit letztlich auch diese ökumenische
Weite verlangt.
Kontakt: www.hospizbewegung-idstein.de
- Jürgen Schmitt -